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DER ROTKOHL MUSS NICHT DEM KOCH SCHMECKEN, SONDERN DEM KUNDEN

DR. MANFRED KONIETZKO – VORTSTAND I.R. APETITO


Dr. Manfred Konietzko ist Ernährungswissenschaftler und Lebensmittelverfahrenstechniker und seit 1981 in der Wirtschaft tätig gewesen.

Jetzt ist er als Senior Business Expert in seiner Heimatstadt Rheine ein gefragter Ratgeber. Nachdem er schon als Kind im elterlichen Betrieb eingebunden war und später eine Ausbildung zum Fleischer absolvierte, zog es ihn nach dem Abitur zum Studium der Lebensmittel nach Gießen. Er betont, wie wichtig seine praktischen Unternehmenserfahrungen im Studium und danach für ihn waren. Das Studium beendete er mit seiner Dissertation und der Note „Summa cum laude“. Danach fand er den Einstieg über ein Assessment Center eines Großunternehmens in der Lebensmittelindustrie. Gerade bei dem Assessment Center bewiesen sich seine praktischen Erfahrungen als vorteilhaft, weil er als einer von ursprünglich 18 Kandidaten den begehrten Arbeitsvertrag erhielt: „Den Meisten fehlte einfach die Praxiserfahrung!“ Als seine Frau und er Heiratspläne entwickelten, zog es ihn nach Neumünster bei Kiel. „Dort haben wir ein Haus gekauft und über einen Headhunter bin ich dann zu einem Käsewerk gekommen, was nach einiger Zeit einen Umzug ins Allgäu nach sich zog.“ Dort erblickten auch die beiden Kinder das Licht der Welt. Aufgrund seiner Herkunft wollte er aber immer wieder zum „Fleisch“ zurück und hat sich dann für das zeitgemäße Thema „Fertiggerichte“ entschieden. Ein paar glückliche Fügungen sorgten dann dafür, dass er zu apetito kam. Er traf auf Karl und Wolfgang Düsterberg und sie machten ihm schließlich ein gutes Angebot, sodass er im April 1989 eingestellt wurde. Eine seiner ersten Aufgaben bestand darin, die vorhandenen Abteilungen so umzustrukturieren, dass sie für die neue Fertigung effektiver waren. Unter dem Begriff „Menü 90“ sollte die Artikelanzahl erhöht werden, damit die Kunden mehr Abwechslung im Sortiment bekamen. Dass man das vor allem qualitativ hochwertig hinbekommt, das war sein Hauptanliegen. Letztendlich reduzierte er viele Komponenten und entwickelte eine Matrix, um damit eine modulare Bauweise für die Menüs zu erhalten – immer unter der strengen Devise „Der Rotkohl musste nicht dem Koch schmecken, sondern dem Kunden“.


„Alles, was wir machen, machen wir für den Markt. Kindergartenkinder essen andere Gerichte als Senioren.“ Zu den apetito Lebensmittel-Innovationen befragt, antwortet er: „Wer immer zuerst ans Geld denkt, ruiniert Innovationen und wer zu spät daran denkt, das Unternehmen.“ Marktkonform arbeiten, nicht Kochkonform. Die Einführung des EDV-Systems SAP war bei apetito genauso kräftezehrend, wie in vielen anderen Firmen. Vor allem mussten die Mitarbeiter lernen, sich nach dem System zu richten. Konietzko: „Das war echt schwierig für die Köche, wenn der Rotkohl nicht so schmeckte, wie es ihrem Geschmack entsprach, damit bestimmte Kunden wirklich salzarmen Rotkohl kaufen konnten.“

Die EDV-gestützten Prozesse brachten dann auch die Messbarkeit ins Unternehmen. Damit war dann auch das Qualitätsmanagement möglich und es wurde bei apetito eingeführt. Kosten wurden gesenkt, Deckungsbeiträge stiegen und die Differenz konnte dann für Marketing und Vertriebserfolge investiert werden. Als 1989 die Mauer der ehemaligen DDR fiel, fuhren die apetito-Vertriebler viele Altenheime in den neuen Bundesländern ab. „apetito war auch in den 90ern ein agiles Unternehmen“, so Dr. Konietzko. „Als Vorstand muss man den Blick nach vorn haben. Zahlen, Daten, Fakten waren für mich nie ein Geheimnis.“ Mit den Zahlen von apetito wurde den Mitarbeitern gegenüber auch immer transparent umgegangen. „Damit auch die Mitarbeiter wissen, wo das Unternehmen steht. Denn apetito ist nach wie vor ein Familienunternehmen. Nicht anders kannte ich es auch aus meinem elterlichen Fleischereibetrieb.“


Bürokratie im Unternehmen

Die öffentliche Verwaltung, die mit Unternehmen zu tun hat, oder die Berufsgenossenschaften laufen Unternehmen immer hinterher. Auch diese Organisationen sollten eigentlich agiler sein. Sie sollten der Zeit nicht hinterher laufen, sondern Visionen haben. Gerade die Digitalisierung stellt Unternehmen und Verwaltungen gleichermaßen vor Herausforderungen. Konietzko: „Ich wundere mich auch über einige Vorgaben im Arbeitssicherheitsbereich. Natürlich ist jeder Arbeitsunfall ein Unfall zu viel, aber hier sollten auch Praktiker viel öfter Einfluss nehmen können.“ Befragt nach Tipps für die neue Generation im Vorstand, gibt er preis: „Ich will kein Vorbild sein. Die Selbstverantwortung ist wichtig. Jeder lernt anders und jeder geht damit anders um.“ Und fährt fort: „Viele Unternehmen haben nicht gelernt, agil am Markt zu sein. Die Selbstzufriedenheit, die Allwissenheit und dieses „In-sich-selbst-ruhen“ sind die drei persönlichen Hürden, die es zu überwinden gilt.“ Für ihn geht hier ein Stück unternehmerischer Instinkt verloren. „Man muss immer schauen, was am Markt geht und die Weiterentwicklung voran treiben. Man muss Leute da fördern, wo Kreativität und Innovationen gefragt sind. Mal mehr, mal weniger. Alles hat seine Zeit. Es kann schnell zu spät oder zu früh sein.“

Rückblickend unterstreicht er noch einmal, dass Unternehmen immer am Markt agil bleiben und auf die richtigen Dinge reagieren müssen. Vor allem in der Geschäftsführung und im Vorstand. Nach 16 Jahren verließ Manfred Konietzko den Vorstand. Er gibt zu, dass seine Familie all die Jahre eindeutig zu kurz gekommen ist, weil sein Engagement bei apetito einfach sehr groß war. Zum Teil ist er auch sonntags in die Firma gefahren, was zu Lasten der Familienzeit ging. apetito war für ihn viel mehr als nur eine Firma. Dankbar ist er auch der Familie Düsterberg, dass sie ihn aufgenommen und unterstützt haben, für deren freundliche und umgängliche Art und die zugebilligten Freiräume, die er hatte. Diese Rahmenbedingungen sind immer wichtig.

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